© Mareike Bähnisch
Mit den Zukunftsthemen Digitalisierung und Industrie 4.0 befasste sich am 2. März der Fokustag "Where food meets IT", der Online stattfand.
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Rund 100 Teilnehmer*innen loggten sich zum ersten Fokustag "Where food meets IT" ein, der Lösungsansätze für den Wandel zu einer vernetzten Lebensmittelproduktion in den Mittelpunkt rückte
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Prof.in Dr. Miriam Pein-Hackelbusch stellte die Möglichkeiten der Echtzeitmessung mittels elektronischer Nasen und Zungen vor

DIGITALISIERUNG ALS WIN-WIN-SITUATION

Mit den wichtigen Zukunftsthemen Digitalisierung und Industrie 4.0 befasste sich am 2. März der Fokustag "Where food meets IT" der Initiative smartFoodTechnologyOWL. Rund 100 Teilnehmer*innen loggten sich ein, verfolgten Reden und Präsentationen im Live-Stream, tauschten sich untereinander im Networking-Bereich aus und informierten sich über die vernetzte Lebensmittelproduktion von morgen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die kleinen und mittelständischen Unternehmen den Sprung in die intelligente Automation schaffen.

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Die Digitalisierung wird alle Bereiche der Lebensmittelindustrie erfassen und prägen. „Revolution oder evolutionärer Prozess – jedes Unternehmen muss seinen Weg zu Industrie 4.0 finden“, betonte Prof. Dr. Stefan Witte. „Das Programm des Fokustags "Where food meets IT" zeigt, dass wir trotz der Belastungen durch Corona die Zukunft der Lebensmittelwirtschaft aktiv gestalten“, so der Sprecher der InitiativesmartFoodTechnologyOWL, der die Veranstaltung eröffnete. In seiner Begrüßung wies Witte darauf hin, dass sich die Innovationsallianz der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe mit ihren 40 Partnern dem Klimaschutz und dem Engagement gegen Lebensmittelverschwendung verpflichtet fühle und intensiv daran arbeite, hierfür praxistaugliche Lösungen zu finden.

Stefan Witte übergab das Wort an Norbert Reichl, Geschäftsführer des Food Processing-Initiative e.V., der als Moderator durch den einstündigen Morning Talk führte. Prof. Dr. Jürgen Krahl, Präsident der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Marcus Wittrin vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und Christian Fretter, Abteilungsleiter Forschung und Entwicklung bei der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG, diskutierten, welche Chancen sich beim Einsatz digitaler Zukunftstechnologien ergeben. Ziel muss es sein, die „gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittel unter Beteiligung der handelnden Akteure greifbar zu machen“, meinte Fretter.

Doch auch wenn diese digitale Transparenz Vorteile für alle Beteiligten schafft: Die Komplexität des Themas und fehlendes Know-how sind für Jürgen Krahl Gründe, die dazu führen, dass gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen den Anschluss an die digitalen Transformationsprozesse verpassen und so Wettbewerbsvorteile vergeben. Marcus Wittrin hob deshalb die Förderprogramme und Beratungsinitiativen der Länder und des Bundes hervor. Sie sind für ihn ein wichtiger Ansatzpunkt, sich den damit einhergehenden Investitionen zu nähern. Am Ende der Talkrunde waren sich die drei Experten einig: Neben dem Einsatz technischer Innovationen und IT-Lösungen sei es vor allem der Dreiklang aus Forschung, Wissenstransfer und Vernetzung, der den Wandel in der Branche vorantreibt.

Von der smarten Sensorik zur Arbeitswelt 4.0

Dass sich die Initiative smartFoodTechnologyOWL diesem Dreiklang verschrieben hat, zeigten die anschließenden Fachvorträge, die Einblicke in die Ergebnisse aktueller Projekte gewährten, die an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe im Fokus stehen. So stellte Prof.in Dr. Miriam Pein-Hackelbusch die Möglichkeiten der Echtzeitmessung olfaktorischer und gustatorischer Eigenschaften mittels elektronischer Nasen und Zungen vor. Inlinefähige Sensoren sind aber nur eine Schlüsselkomponente auf dem Weg zur intelligenten Automation. Eine andere sind digitale Assistenzsysteme, die den Menschen in der sich wandelnden Arbeitswelt 4.0 unterstützen sollen. Ein Thema, dem sich Prof. Dr. Carsten Röcker in seinem Vortrag widmete, in dem er das Projekt "FoodAssist" vorstellte. Ziel seines Teams ist die Realisierung eines Assistenzsystems, das die interaktive Vermittlung von Schnittführungen bei der Fleischzerlegung ermöglicht. „Gleichzeitig soll unser System bestehende Probleme wie sprachliche oder kulturelle Barrieren abmildern und sowohl für anzulernende Personen als auch für Trainingszwecke verwendet werden“, erklärte Röcker.

Prof.in Dr. Helene Dörksen konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf intelligente Authentifikationssysteme für die Lebensmittelanalyse. „Mittels moderner Signal- und Bildverarbeitung, hochdimensionaler Datenanalyse sowie Mustererkennungsmethoden können wir spezifische Bio-Komponenten wie Fluorophore, Proteine oder Hormone analysieren“, so Dörksen. Resultat dieser Datentransformation ist das virtuelle Abbild des Lebensmittels mit all seinen Qualitätseigenschaften – der digitale Zwilling, der künftig der Automatisierung des Produktionsmanagements die Fähigkeit zur dynamischen Adaption erschließen soll.

Eine solche selbstoptimierende Prozessautomatisierung bei der Rückgewinnung von Bier aus Überschusshefe ist das Ziel von Prof. Dr. Jan Schneider. Das von ihm vorgestellte Forschungsprojekt "SmartOption" setzt auf die dynamische Filtration mit rotierenden keramischen Membranen. „Da sich die Brauwirtschaft in Deutschland durch einen großen Anteil kleiner und mittlerer Betriebe auszeichnet, lässt sich mit dieser innovativen Technik ein signifikanter Beitrag zur Ressourcenschonung leisten“, erläuterte Schneider. Die bisherige Prozessführung erlaube es jedoch nicht, das Potenzial für die wirtschaftliche Umsetzung voll auszuschöpfen. Mit Unterstützung der Methoden des maschinellen Lernens wollen Schneider und sein Team den Filtrierungsprozess modellieren und soweit optimieren, dass er sich in Echtzeit steuern lässt.

Industrie 4.0 zwischen Vision und Wirklichkeit

Mit welchen Innovationen sich die nächsten Entwicklungsschritte in der Lebensmittelwirtschafteinleiten lassen, stand im Zentrum der vier parallelen Workshops, die am Nachmittag stattfanden. Auf der Agenda standen der Einsatz von PET-Recyclat in Lebensmittelverpackungen, die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie, das Potenzial der Qualitätskontrolle mittels Echtzeit- und Fingerprintanalytik sowie das Trendthema Plant based food. Für Letzteres stellte Prof. Dr. Hans-Jürgen Danneel ein an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickeltes Verfahren vor, mit dem sich aus pflanzlichen Rückständen hochwertige Proteinhydrolysate gewinnen lassen.

Ob die Vision der Lebensmittelindustrie 4.0 in Form einer Evolution oder einer Revolution daherkommt, war eine der Fragen in der abschließenden Podiumsdiskussion. Gemeinsam mit Norbert Reichl erörterten Simone Schiller, Geschäftsführerin des DLG-Fachzentrums Lebensmittel, Prof. Dr. Volker Lohweg, Leiter am Institut für industrielle Informationstechnik (inIT), Günter Korder, Geschäftsführer Bereich Operations bei der it’s OWL Clustermangement GmbH, und Waliuollah Ali, Head of Center Excellence Consumer Products bei der itelligence AG, die Lösungsstrategien für ein nachhaltiges Morgen. „Ich bin davon überzeugt, dass wir unseren Gästen auf dem Fokustag ein Gefühl für das Lebensmittelunternehmen der Zukunft vermitteln konnten“, zog Prof. Dr. Stefan Witte zum Ende der Veranstaltung ein positives Fazit. Durch die digitale Networking-Plattform wonder-me hatten die Teilnehmer*innen auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung, die Möglichkeit, sich in Einzel- und Gruppengesprächen an virtuellen Stehtischen auszutauschen. 

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