© Alexander Goder
„Mischen heißt versuchen“ ist für Karsten Ollesch eine bewährte Redewendung, wenn er Lebensmittelproduzenten bei der Anlagenauswahl berät. „Wir können diese Versuche entweder in unserem Democenter oder direkt vor Ort bei unseren Kunden durchführen“, so der Prokurist beim Paderborner Anlagenbauer GLASS.
© GLASS
Für die Prozesse in der Schokoladen- und Süßwarenindustrie ist das präzise Einhalten von Temperaturen besonders wichtig.
© GLASS
Je nach Anwendungsfall sind Mischwerkzeuge produktschonende, abgerundete Werkzeuge oder Messer mit scharfen Klingen.
© Alexander Goder
Qualität Made in Germany: Jede Maschine von GLASS wird nach den individuellen Bedürfnissen des Lebensmittelproduzenten gefertigt.
© GLASS
Die schonenden VSM-Mischer von GLASS können ohne große Beanspruchung empfindlichste Produkte mischen.

TECHNIK AUF „HÖCHSTEM NIVEAU“

Die Anforderungen an die Mischtechnologie sind im Laufe der Jahre immer vielfältiger geworden. „Eine moderne Anlage muss heute mehr können, als nur im herkömmlichen Sinne mischen“, meint Karsten Ollesch, Prokurist beim Anlagenbauer GLASS in Paderborn. Im Interview mit LEBENSMITTELTECHNIK geht er auf die Herausforderungen beim Mischen von veganen Fleisch- und Käsealternativen ein und erläutert, wie Produzenten bei der Auswahl ihrer Systeme die Balance zwischen Leistung, Textur und Geschmack meistern. 

Seite 1/1 8 Minuten

Seite 1/1 8 Minuten

LT: Herr Ollesch, Mischen ist ein Prozess, der in der Lebensmittelverarbeitung häufig Anwendung findet, und einer der ersten Schritte im Produktionsprozess ... 
Karsten Ollesch: ... und dazu ein höchst komplexer Vorgang. Für Lebensmittelproduzenten ist deshalb entscheidend, von Anfang an die richtige Anlage einzusetzen. Nur dann lässt sich die vollständige Kontrolle über Faktoren wie Drehmoment, Temperatur, Druck, Leistungseintrag oder Kondensatmenge gewinnen, um die Mischeffizienz und die Qualität des Endproduktes zu beeinflussen – und das unabhängig davon, ob ein veganer Brotaufstrich grob oder cremig sein soll oder ob Zutaten wie Gemüse oder Kräuter untergemischt werden.

Wo kommen hier die Prozessanlagen von GLASS ins Spiel?
GLASS liefert und entwickelt seit 50 Jahren individuelle Lösungen für die Misch- und Homogenisiertechnik auf höchstem Niveau. Unsere Kunden können dafür auf ein breites Portfolio von Lebensmittelmischern zurückgreifen. Zur Auswahl stehen Anlagen mit einem Fassungsvermögen bis zu 2.700 Litern. Die Antriebe der Mischer arbeiten entweder langsam und somit schonend oder schnell und intensiv. Abgestimmt auf den Anwendungsfall lassen sich auch die Mischwerkzeuge ausführen, entweder abgerundet und produktschonend oder als Messer mit scharfen Klingen. Dank der bewährten Konstruktion aus rostfreiem Edelstahl sind unsere Mischer sehr robuste Maschinen – "Made in Germany" mit langer Lebensdauer. 

Lebensmittelproduzenten stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sie ihren "idealen" Mischer finden sollen. Welche Faktoren spielen hier eine Rolle? 
Am Beginn der Entscheidung für eine konkrete Prozessanlage steht immer die Festlegung des optimalen Mischverfahrens, welches zum einen vom erforderlichen Leistungseintrag abhängt und zum anderen vom Bedarf an Homogenisierung. Natürlich spielen die Chargengröße, die Prozesszeit sowie die geforderte Kapazität bei der Maschinenauswahl eine Rolle – beispielsweise bei der Frage, ob ein VSM-, VAS- oder AGM-Chargenmischer von GLASS zum Einsatz kommen soll. Während letzterer
 ein Fassungsvermögen von maximal 300 Liter bietet, sind es beim VAS bis zu 2.200 Liter und beim VSM bis zu 2.700 Liter. 

Gerade bei veganen und vegetarischen Produkten, wie im Falle des von Ihnen angesprochenen Brotaufstrichs, werden die unterschiedlichsten Zutaten gemischt. Ein wichtiger Prozessschritt ist hier das Emulgieren flüssiger Komponenten ... 
Mit unseren AGM- und VAS-Mischern bieten wir flexibel einsetzbare All-in-One-Anlagen, die flüssige und pastöse Produkte emulgieren können – und dies sowohl bei niedriger als auch bei hoher Viskosität. Als Intensivmischer erzeugen sie mit ihren Mischwerkzeugen eine turbulente Strömung im Produkt, die zu einer totalen Durchmischung aller Komponenten in kürzester Zeit führt. Dank verschiedener Werkzeuge lässt sich dieser Mischeffekt gezielt variieren. 

„Das Durchführen unterschiedlichster Prozessschritte in ein und derselben Anlage macht unsere Lösungen so flexibel.“

 

Was unterscheidet diese Anlagen von den bereits genannten VSM-Mischern? 
In erster Linie sind die Scherwirkung und der Energieeintrag bei den AGM- und VAS-Mischern deutlich höher. Für die Herstellung von Nougat oder Marzipan ist es besonders praktisch, dass unsere Intensivmischer gleichzeitig auch zerkleinern können. So gelingt das Zermahlen von Nüssen genauso gut wie das Auf
arbeiten von Rework. Die Mischer eignen sich damit perfekt für vegane Käse-Alternativen, die beispielsweise auf Cashewkernen basieren. Die auftretenden Schereffekte sind stark genug, um die gewünschte Viskosität und Stabilität des Produkts zu erzeugen. 

Und für welche Anwendungen eignen sich die VSM-Mischer? 
Mit ihnen haben wir besonders schonende Mischer im Sortiment, die ohne große Beanspruchung empfindlichste Produkte wie Proteintexturate, Nudel- und Kartoffelsalat oder Schokoladenfüllungen und Milchreis sehr gut mischen können. Ein Standardelement dieses Mischers ist ein eingebauter Heiz- und Kühlmantel. Ein Schaber hält im Einsatz die Behälterwand und den Boden frei. 

Lebensmittelhersteller, die ein Batchverfahren verwenden, benötigen also nur eine Anlage? 
Ja, denn die Mischer von GLASS sind mehr als nur "einfache" Mischer. Sie beherrschen das Zerkleinern, Mischen, Emulgieren und Homogenisieren, wobei sich dank integrierter Vakuumpumpe bei Bedarf ein Vakuum anlegen lässt. Auch thermische Prozesse wie Kochen und Kühlen können unsere Mischer problemlos übernehmen. Das Durchführen dieser so
 unterschiedlichen Prozessschritte in ein und derselben Anlage macht unsere Lösungen so flexibel und effizient. 

Welche Vorteile ergeben sich darüber hinaus?
Durch Herstellung in nur einem geschlossenen Behälter entfällt das Umpumpen oder der Transfer zwischen verschiedenen Maschinen. Es entstehen keinerlei Produktverluste. Zudem muss am Ende des Produktionsprozesses nur eine Maschine gereinigt werden. Darüber hinaus findet in einem geschlossenen Prozess kein Eintragen von Allergenen, Bakterien oder Ähnlichem statt. 

Die Viskosität ist beim Mischen von großer Bedeutung. Sie bestimmt den zu erwarteten Energiebedarf und den Leistungseintrag ... 
Bei Prozessen wie im Falle der veganen Käse-Alternative lässt sich bei den Mischern der Leistungseintrag über die Turbine regeln. Damit ist es möglich, den Prozess auf die sich ändernde Konsistenz der Produkte abzustimmen. Ist die Viskosität zu Beginn noch gering, lässt sich die Drehzahl der Turbine entsprechend hoch auf den maximal möglichen Wert einstellen. Mit zunehmender Zeit steigt die Viskosität an und die Drehzahl reduziert sich infolgedessen automatisch. Auf diese Art und Weise ist der Energieeintrag der Turbine über den gesamten Prozess konstant, selbst wenn sich durch abweichende Rohstoffqualitäten andere Anfangsviskositäten einstellen sollten. 

„Erst durch eine Entgasung wird eine vegane Käsezubereitung schaumfrei und erreicht ihre optimale Konsistenz und Dichte.“

 

Kommen wir noch einmal gezielt auf die thermischen Prozesse zu sprechen, die im Bereich Convenience Food die Basis einer Vielzahl von aufwendig verarbeiteten und zubereiteten Lebensmitteln sind ... 
Wir bieten hier ein umfassendes Angebot an fortschrittlichen Anlagen, die aufheizen und abkühlen können. Sowie auch die Möglichkeit, unter Druck bei 0,5 bar mit Temperaturen von bis zu 200 Grad Celsius zu kochen. Zum Aufheizen stehen Direktdampf oder ein Dampf beheizter Doppelmantel an der Anlage zur Verfügung. 

Wovon hängt die Wahl des Erhitzungsverfahrens ab?
Für Anwendungen, bei denen eine extrem schnelle Produkterhitzung erforderlich ist, bietet sich eine Dampfinjektion an. Wenn die Rezeptur und die Zutaten es zulassen, sollte diese Methode bevorzugt werden. Sie vereint hohe Energieeffizienz mit optimalen Produktschutz und schließt mögliche Maillard-Reaktionen oder ein Anbacken aus. Wichtig bei der direkten Injektion ist es, die exakte Dampfmenge zu bestimmen. Früher wurden dafür pauschal Wassergehalte von acht bis zehn Prozent einkalkuliert. Heute erfolgt die Dosierung kontrolliert und zuverlässig.

Warum ist das so wichtig? 
Zeitgemäße Convenience Food-Rezepturen reagieren deutlich empfindlicher auf zu hohe oder zu geringe Wassergehalte. In unseren Mischern wird die tatsächlich zugegebene Dampfmenge deshalb bereits während des Heizprozesses gemessen. In Kombination mit einer automatischen Wasserdosierung lässt sich so die tatsächlich benötige Wassermenge exakt der Rezeptur zugeben. 

Schnelles Abkühlen ist genauso von Bedeutung wie schnelles Erhitzen ... 
Die Abkühlung kann mittels Doppelmantel oder kryogenen Gasen erfolgen. Für die Kühlung kann bei Bedarf ein Vakuum angelegt werden, um die Temperatur durch Energieentzug schneller zu senken. Doch das allein reicht noch nicht, um bei dem Beispiel der veganen Käse- Alternative zu bleiben. Zentral für die Qualität des Erzeugnisses ist hier der Vakuumprozessschritt. Erst durch diese zusätzliche Entgasung wird die vegane Käsezubereitung schaumfrei und erreicht ihre optimale Konsistenz und Dichte. Sie lässt sich besser abfüllen und später auch schneiden. Darüber hinaus beeinflusst das Vakuum die Farbe des Produktes und verlängert die Mindesthaltbarkeit. 

„Wir stellen sicher, dass unsere Anlagen stets nach den neuesten Richtlinien des Hygienic Design konstruiert werden.“

 

Und wann ist ein Doppelmantel, das heißt der Wärmeübergang über die Oberfläche der Behälterwand, die optimale Lösung? 
Etwa bei Produkten, bei denen eine Erhöhung der Mindesthaltbarkeit durch Reduzierung des aktiven Wassers erzielt werden soll. In diesen Fällen empfiehlt es sich, das Produkt schonend unter Vakuumeinsatz bei gleichzeitiger Beheizung der Wand einzudampfen – so gelingt auch Convenience Food, bei dem ein Anbraten erforderlich ist, um Röstaromen zu erzeugen. 

Bei Feinkost und Käse sind die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit besonders hoch. Hersteller dieser sensiblen Produkte sind in Sachen Hygiene und Reinigung ihrer Anlagen besonders anspruchsvoll ... 
Bei der Entwicklung seiner Maschinen legt GLASS von jeher ein besonderes Augenmerk auf die hygienische Konstruktion, da dieses Thema für alle unsere Kunden von großer Bedeutung ist. Als Mitglied in der European Hygienic Engineering and Design Group (EHEDG) stellen wir sicher, dass unsere Anlagen stets nach den neuesten Richtlinien des Hygienic Design gestaltet werden. 

Wie wirkt sich das konkret bei den Mischern aus? 
Unter anderen durch speziell entwickelte und leicht zu reinigende Hygienedichtungen, die ohne Motor- oder Getriebedemontage auswechselbar sind. Grundsätzlich sind alle Gehäuseoberflächen und sonstigen Bauteile reinigungsgerecht ausgeführt, das heißt Wasser und Reinigungsmittel fließen rückstandsfrei ab. Bei einer Vakuum-Ausführung sind die
 Schläuche zudem mit Best-Connect-Anschlüssen ausgestattet. Darüber hinaus sind die Bedienelemente bei jeder Maschine mindestens spritzwassergeschützt in IP65 ausgeführt. 

Die Mischanforderungen in der Lebensmittelindustrie ändern sich ständig. Allen voran müssen die Prozesse heute reproduzierbar und vor allem auch dokumentierbar sein ... 
Das heißt für uns als Technologieanbieter, dass wir die Automation weiter vorantreiben. Die Steuerung erfolgt direkt am Mischer und ist nahtlos in die jeweilige Produktionsumgebung integrierbar. Eine anwenderfreundliche und intuitive Bedienoberfläche ermöglicht es, Mischparameter wie Temperatur, Mischzeit und Mischintervall einfach und schnell zu programmieren.

In vielen Prozessen erfolgt die Dosierung der Rohstoffe noch per Hand ... 
... ein sehr aufwändiger Prozess. Wir bieten für viele Zutaten automatische Dosiereinrichtungen an. So ist es beispielsweise möglich, direkt bei der Dosierung von Wasser auch dessen Temperatur und die Leitfähigkeit zu messen. Alle Daten werden aufgezeichnet und können am Ende des Batch-Prozesses entweder als Excel-Datei oder direkt während des Prozesse
 über Schnittstellen wie OPC/UA zur Verfügung gestellt werden – so ist eine optimale Prozessdokumentation gewährleistet. Aber auch unter den Aspekten Nutzerfreundlichkeit entwickeln wir unser Portfolio ständig weiter. Unsere aktuellen Mischer verfügen über automatische Deckelbedienungen und Beschickungsmöglichkeiten, mit der Behälter bis zu 300 Litern per Knopfdruck angehoben werden können. 

Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf die Wahl des Mischers zu sprechen. Welche Unterstützung bieten Sie bei der Auswahl und Auslegung der Anlagen? 
Unsere Experten helfen, von Beginn an den richtigen Mischer zu finden. Hersteller die auf der Suche nach der "perfekten Mischung" sind, finden Unterstützung im GLASS-Democenter in Paderborn. Es wurde speziell für die Anforderungen der Lebensmittelindustrie konzipiert und bietet ideale Testbedingungen – von der ersten Idee bis zum Scale-up. Ebenso ist es natürlich möglich, die zu testenden Anlagen vor dem Kauf direkt vor Ort beim Kunden aufzubauen, der seine Investitionsentscheidung so absichern kann. 

Welche Möglichkeiten bieten sich Lebensmittelproduzenten vor Ort? 
Für die Versuche stehen unsere Anlagen in unterschiedlicher Größe bereit, vom Laborüber den Pilot- bis hin zum Produktionsmaßstab. So kann der Prozess validiert werden und bei Bedarf lassen sich finale Änderungen direkt an der Anlagenkonfiguration vornehmen. Da unser Democenter direkt neben der Produktion angesiedelt ist, können wir dank hoher Fertigungstiefe herausfordernde Kundenlösungen in kurzer Zeit erarbeiten und umsetzen.


Das Gespräch führte Mareike Bähnisch, freie Fachjournalistin für Prozesstechnik

×