© Ebrofrost
Seit 2024 liefern geothermische Wärmepumpen einen wesentlichen Teil der benötigten Primärenergie bei Ebrofrost.
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Bereits 2017 ging das eigene Blockheizkraftwerk mit einer Leistung von 1.200 Kilowatt in Betrieb.
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Bis 2027 investiert Ebrofrost 65 Millionen Euro in das vierte Werk der Holding, das derzeit am Standort Offingen entsteht.
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Die Überlegungen, auf denen seine Energieinvestitionen beruhen, fasst Ebrofrost-Geschäftsführer Stephan Keck in der einfachen Formel zusammen: „Die beste Zukunftsvorsorge ist, in der Energieversorgung auf eigenen Beinen zu stehen.“

„ICH INVESTIERE AUS ÜBERZEUGUNG!“

Für deutsche Unternehmen stellt sich die Frage, wie eine Umstellung auf erneuerbare Energien am bestehenden Standort gelingen kann. Ein Aspekt, mit dem sich Stephan Keck, Inhaber und CEO von Ebrofrost, vor dem Bau eines weiteren Werks in Offingen beschäftigte. Im Gespräch mit LEBENSMITTELTECHNIK verrät er, wie er mit weitsichtigen Investitionen in das Energiemanagement die Problematik hoher Kosten abfedert.

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Die Umstellung der Energieversorgung geht mit immensen Herausforderungen für die Unternehmen der Lebensmittelindustrie einher und hängt nicht zuletzt von den Bedingungen am jeweiligen Standort ab. Tatsächlich sind für Betriebe bei der Standortwahl die Fragen wesentlich, wo sie zuverlässig ausreichende Energiemengen finden und wie sauber diese Energie ist. Denn nur, wenn beides gewährleistet ist, können die Produzenten die grüne Transformation meistern.

Stephan Keck, Geschäftsführer von Ebrofrost, hat in der jüngeren Vergangenheit intensiv über Stärken und Schwächen des Standorts in Süddeutschland im Vergleich zu anderen Ländern der Europäischen Union nachgedacht. Für den Mittelständler, der die Ebrofrost Holding (bestehend aus Ebrofrost Germany, Danmark und UK) in einer strategischen Allianz mit der spanischen Ebro Foods-Gruppe führt, geht es um viel. Bis 2027 wird er 65 Millionen Euro in das vierte Werk der Holding mit einem vollautomatischen Tiefkühl-Hochregallager investieren. Drei neue Linien wird er in der neuen Produktionsstätte ans Netz bringen – „zwei für Pasta, kurze und lange in Nestform, eine für Reisprodukte.“ Wie in der gesamten Holding produzieren die Mitarbeiter nach individuellen Vorgaben der Kunden auf den Punkt gekochte, gefrorene Produkte. An den beiden anderen Standorten stellt Ebrofrost ebenfalls Pasta und Reis her, aber auch weitere Zutaten wie Quinoa oder Linsen.

Standortentscheidung für Süddeutschland

Alle Werke erfüllen wesentliche Kriterien einer Smart Factory, vor allem in Bezug auf die werksinterne Logistik und die Fertigungsanlagen. Die Mitarbeiter vor Ort haben, von Ausnahmen abgesehen, Überwachungs-, Steuerungs- und Maintenance-Funktionen. Körperlich belastende Tätigkeiten gibt es nahezu nicht. Warum also entschied sich Stephan Keck für den bestehenden Standort Offingen an der Grenze von Bayern und Baden-Württemberg? „Die Kosten“, erklärt er, „bilden eine Gruppe von Einflussfaktoren. Sie sind relativ einfach zu erfassen. Eine zweite, deutlich schwerer zu greifende Gruppe bilden die weichen Parameter. Sie realistisch einzuschätzen, ist sehr schwierig. Weil ich diese hoch gewichte, war die Entscheidung relativ schnell klar. Es wird Offingen.“

An diesem Standort ist das Unternehmen seit Jahrzehnten in alle Richtungen bestens vernetzt. Es ist so renommiert, dass es seinen Personalbedarf relativ problemlos decken kann. Das Führungsteam ist perfekt eingespielt, entscheidungsbefugt und verantwortungsaffin. Die Entscheidungswege sind kurz. In Offingen wird er sich beim Hochlaufen des Werks 4 mit seinem neuen Hochregallager im Wesentlichen auf bestehendes Personal stützen. Um das Tagesgeschäft muss er sich nur peripher kümmern. So schafft er sich den mentalen Freiraum, sich mit der strategischen Weiterentwicklung seiner Unternehmensgruppe zu befassen.

Alle Funktionen mit zentraler Bedeutung möchte Keck im eigenen, direkten Zugriff haben. „Deshalb wird Ebrofrost auch sein neues vollautomatisiertes TK-Hochregallager vollständig in Eigenregie betreiben“, betont er. Kosten durch Outsourcing zu Lasten der Flexibilität (vermeintlich) zu minimieren, war für den 58-Jährigen noch nie eine Option. Die enge Verzahnung mit seinen Kunden hat für ihn einen nicht zu toppenden Stellenwert. Flexibel liefern zu können, ist ein wesentlicher Teil dieser Philosophie.

Energetisch schrittweise autark

Bei der Herstellung tiefgefrorener Produkte spielt Energie in allen Formen in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Rolle. „Sie muss zuverlässig verfügbar und kalkulatorisch sicher sein, sowohl kurz- als auch langfristig. Besonders relevant ist das für Investitionen, die sich erst nach zehn Jahren oder mehr amortisieren, ein Zeitraum, der deutlich länger ist als die Perspektiven der meisten politischen Akteure – ein grundsätzliches Problem“, sagt Keck.

Die Energieversorgung langfristig zu vertretbaren Kosten zu sichern, ist aus diesen Gründen eine strategische Aufgabe. Da die Produktionskapazität für Pasta am deutschen Standort massiv wächst, möchte Ebrofrost an ihm energetisch schrittweise autark werden und investiert stark in erneuerbare Energien. Bereits 2017 ging auf dem Werksgelände ein eigenes Blockheizkraftwerk mit einer Leistung von 1.200 Kilowatt in Betrieb. Wenige Jahre später folgte eine Photovoltaikanlage. Seit 2024 liefern geothermische Wärmepumpen einen wesentlichen Teil der benötigten Primärenergie. Darüber hinaus sind sie aber auch in die energetische Versorgung der Produktion, des mannlosen Hochregallagers, des Verwaltungsgebäudes und der zehn Ladesäulen für E-Fahrzeuge eingebunden.

Keck ließ letztere außerhalb der staatlichen Förderung installieren. „Ich investiere dann aus Überzeugung in solche Technologien, wenn sie ökologisch sinnvoll sind und sich amortisieren – nicht morgen, nicht übermorgen, aber in einer mittelfristig absehbaren Zeit“ erläutert er seine Position. Subventionen spielen für ihn eine untergeordnete Rolle. Dieser Einstellung folgt auch eine weitere Überlegung: Das neue Werk 4 wird in wenigen Jahren zu 60 bis 70 Prozent ausgelastet sein. Dann wird Ebrofrost prüfen, Erdgas ganz oder teilweise durch Energie aus einem großen Holzvergaserkraftwerk zu ersetzen. Mit dieser Sichtweise konnte Ebrofrost in den vergangenen zehn Jahren seinen Energiebedarf deutlich reduzieren und die energetische Rückgewinnungsquote permanent steigern. Vergleichbares gilt für die Reduzierung des Verbrauchs an Wasser und des Abfallaufkommens in der Produktion.

Bestmögliche Reduzierung des CO2-Fußabdrucks

Aus mehreren strategischen Gründen investiert Keck in erneuerbare Energien. Zum einen möchte er wegen des Klimawandels seinen Ausstoß von Treibhausgasen, vor allem von CO2, bestmöglich reduzieren, sowohl bei dem Bezug der Primärenergie als auch bei ihrer Nutzung in den Werken. Ein weiterer Grund sind die CO2-Zertifikate. Nach der Emissionshandelsrichtlinie der Europäischen Kommission vom 1. Januar 2005 (Richtlinie 2003/87/EG) muss jeder Betreiber einer erfassten Anlage pro Tonne CO2 ein gültiges EU-ETS-Zertifikat vorweisen (European Union Emissions Trading System).

Zu Jahresbeginn bekommt er ein bestimmtes Kontingent CO2-Zertifikate zugeteilt, das heißt jedes Kontingent steht für eine bestimmte Menge ausgestoßener Treibhausgase. Überschreitet der Betreiber sein Kontingent, muss er Zertifikate im Emissionsrechtehandel zukaufen. Je geringer der Ausstoß an Kohlendioxid, desto geringer die Kosten für zusätzliche Zertifikate. Nutzt ein Betreiber sein Kontingent nicht aus, kann er die freien Zertifikate verkaufen. „Wegen der hohen Bedeutung dieser Thematik wollen wir auch die in der Produktion entstehende Prozesswärme bestmöglich nutzen. Um die organische Fracht im Abwasser beider Werke energetisch zu nutzen, werden deshalb, parallel zum Bau des neuen Werks 4, drei Millionen Euro in eine eigene Klär-Biogas-Anlage investiert, auch wenn sie sich erst in mehr als zehn Jahren amortisieren wird“, erklärt der Inhaber und CEO von Ebrofrost.

Ein dritter Grund liegt in der Vermarktung seitens der Kunden, die in aller Regel über den Lebensmittelhandel läuft. Für Einkäufer spielt der CO2-Fußabdruck entlang der gesamten Prozesskette eines Nahrungsmittels eine immer größere Rolle. Sie analysieren beispielsweise bei einem gefrorenen Pfannengericht unter anderem alle Komponenten, die das Produkt enthält. Deshalb achten die Lieferanten darauf, dass sie selbst und ihre Zulieferer energieoptimiert produzieren und distribuieren, um die Emissionen eines Produkts auf seinem Weg in die Regale so gering wie möglich zu halten.


Diesen Artikel finden Sie in LT 12/2025 auf den Seiten 30 bis 31.

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