© Thomas Wiese
Erklärt die Auswirkungen der Pandemie auf die GDL: Dr. Knut Franke, seit September 2019 Präsident der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnolog*innen.

„MIT DER PANDEMIE HABEN WIR NEUE PRIORITÄTEN GESETZT“

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben auch vor der GDL nicht halt gemacht. Im Gespräch mit LEBENSMITTELTECHNIK geht GDL-Präsident Dr. Knut Franke auf die Folgen der Pandemie ein und blickt auf erfolgreich umgesetzte Digitalisierungsmaßnahmen zurück, die sich in neuen Online-Formaten widerspiegeln. Außerdem kündigt er die erste Präsenzveranstaltung für dieses Jahr an, die Mitte September in Bremerhaven stattfinden soll.

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Herr Franke, Sie sind vor der Corona-Pandemie erstmals zum Präsidenten gewählt worden und im Oktober 2021 erneut in dieser Funktion bestätigt worden. Wie fällt die Bilanz der GDL für die Corona-Jahre aus Ihrer Sicht aus?
Dr. Knut Franke: Selbstverständlich hat die Pandemie der vergangenen 24 Monate die Arbeit der GDL in erheblichem Maße beeinflusst und vor allem auch beeinträchtigt. Niemand hatte es vor etwas mehr als zwei Jahren für möglich gehalten, dass es so massive Einschnitte in die tägliche Arbeit und den Kontakt mit unseren Mitgliedern geben könnte. Das betraf ja vor allem den Markenkern der GDL, denn wir verste
hen uns als Netzwerk für den nationalen und regionalen Austausch rund um die Lebensmitteltechnologie in Deutschland.

Welches waren die größten Herausforderungen, die es zu meistern galt?
Die Corona-Zeit war zu Beginn durch große Rückschl.ge in Bezug auf die Organisation unserer Tagungen und Konferenzen geprägt, wie sich ja an der mehrfachen Verschiebung unseres Kongresses "Lebensmitteltechnologie" ablesen lässt. Dementsprechend war es natürlich die größte Herausforderung, den Kontakt mit den Mitgliedern während des Lockdowns aufrecht zu erhalten und Leistungen für sie zur Verfügung zu stellen, damit wir weiterhin als berufsständischer Verband wahrgenommen werden.

Dazu kamen noch die in diesem Zeitraum anstehenden Wahlen der Gremien einschließlich des Vorstands, für die rechtlich sichere Lösungen gefunden werden mussten ...
Alles das stellte uns als Gesellschaft, wie andere gemeinnützige Vereine auch, vor völlig neue Anforderungen. Zusätzlich hatten wir mit der Übernahme der Geschäftsführung durch Sandra Buckenhüskes eine weitere einschneidende Veränderung in der Arbeit der GDL. Ich kann aber sagen, dass gerade diese völlig neuen Herausforderungen in enger Abstimmung mit der Geschäftsstelle erfolgreich gemeistert werden konnten.

„Die größte Herausforderung während der Corona-Pandemie war es, den Kontakt zu unseren Mitgliedern aufrecht zu erhalten.“

Es wird viel über negative Aspekte der Pandemie für die Messe- und Kongresslandschaft gesprochen. Was hat sich durch Corona positiv verändert?
Was aus Sicht der GDL aber auf jeden Fall auf die Positivliste gesetzt werden muss, ist die deutliche Beschleunigung der Digitalisierungsmaßnahmen unserer Gesellschaft. Ich will nicht sagen, dass wir nicht schon früher damit begonnen hatten – aber mit der Corona- Pandemie haben wir neue Prioritäten gesetzt.

Welche zum Beispiel?
Um im Bereich der Tagungen weiter aktiv sein zu können, haben wir uns schnell entschlossen, eine entsprechende Software für Online-Seminare zu beschaffen und schrittweise in die Arbeit der GDL zu integrieren. Das begann vor anderthalb Jahren mit dem ersten Online-Studikongress, welcher sehr erfolgreich von unserer Arbeitsgruppe Studierende gestaltet wurde. Inzwischen bieten wir damit sowohl nationale als auch internationale Webinare an. Zudem haben wir die elektronische Kommunikation in dieser Zeit verstärkt, beispielsweise mit unserem Newsletter E-Intern.

Haben sich die neuen Formate bewährt?
Wie fiel die Resonanz unter den Teilnehmer* innen aus? Sehr positiv! Die Durchführung von Webinaren ist inzwischen zu einem vertrauten Tool geworden, das professionell gehandhabt wird. Bedingt durch den Mangel an Alternativen hat sich nach meiner Beobachtung die Akzeptanz derartiger Formate erhöht. Aber ich möchte an dieser Stelle betonen, dass auch ein noch so perfekt organisiertes und durchgeführtes Webinar eine Tagung in Präsenz, wie sie vor Corona der Standard war, nicht ersetzen kann. Das haben wir an den vielen positiven Reaktionen nach unserer Präsenztagung in Bremerhaven, die im September 2020 dank eines entsprechenden Hygienekonzepts durchführbar war, erfahren. Sobald es die Infektionslage erlaubt, werden wir wieder zu den Präsenzveranstaltungen zurückkehren – schon deshalb, weil wir von dem großen Mehrwert der persönlichen Kontakte im Umfeld unserer Tagungen und Kongresse profitieren.

„Die Anuga FoodTec ist in diesem Jahr die aus unserer Sicht wichtigste Messe rund um lebensmitteltechnologische Fragestellungen.“

Was bedeutet das für die digitalen Formate?
Ich gehe davon aus, dass wir unsere monatlichen Webinare, beispielsweise zur Kultur und Kulturgeschichte der Lebensmittelherstellung, weiterführen werden. Inwieweit wir dann noch hybride Veranstaltungsformen mit einbeziehen, ist zurzeit in der Diskussion und wird sich natürlich auch an den Bedürfnissen unserer Mitglieder orientieren.

Wenn Sie zurückblicken, welches waren die Highlights unter den GDL-Veranstaltungen im vergangenen Jahr?
Da möchte ich zunächst noch einmal den Studikongress aufgreifen, der nach seiner Premiere im Jahr 2020 auch in 2021 sehr erfolgreich fortgesetzt wurde. Auch in den kommenden Jahren soll er weiterhin im Online-Format stattfinden. Darüber hinaus haben wir unter dem Arbeitstitel "Diskussionsrunden" ein neues Format für unsere Mitglieder etabliert, das aktuelle Themen aus der Berufswelt aufgreift, die unterstützt durch Impulsvorträge diskutiert werden. Auch dieses Format wollen wir als Online- Veranstaltung weiterführen. Nicht fehlen dürfen an dieser Stelle die Fachwebinare mit jeweils drei Vorträgen zu einem Thema, die wir als Alternative für die Fachtagungen entwickelt und durchgeführt haben.

Ein weiterer Höhepunkt war das internationale "Rwandan German FoodTec Webinar"...
... ja, eine Veranstaltung die wir gemeinsam mit unserer Partnerorganisation aus Ruanda etabliert haben. Nach zwei sehr erfolgreichen Webinaren aus dieser Reihe ist der dritte Teil für den 11. Mai vorgesehen. Das Angebot richtet sich an Teilnehmer*innen aus ganz Afrika, also nicht nur aus Ruanda. Auf diesem Wege können wir viele interessierte Kolleg*innen erreichen, welche sich eine Präsenzveranstaltung aus finanziellen Gründen nicht leisten können.

„Sobald es die Infektionslage erlaubt, werden wir wieder zu den bewährten Präsenzveranstaltungen zurückkehren.“

... und auch auf der Anuga FoodTec engagiert sich die GDL mit einem eigenen Stand.
Die Anuga FoodTec ist aus unserer Sicht die wichtigste Messe rund um lebensmitteltechnologische Fragestellungen in diesem Jahr. Wir haben seitens des Vorstandes und des Beirates der GDL beschlossen, auf dem Kölner Messegelände wieder mit einem Stand vertreten zu sein. Alle Leser*innen von LEBENSMITTELTECHNIK sind herzlich eingeladen, bei uns vorbeizuschauen. Sie finden uns in der Halle 6.1 am Stand B098. Hierbei geht es uns natürlich vor allem um die Kontaktpflege und den Netzwerkgedanken, aber auch um die Gewinnung neuer Mitglieder und die Erhöhung der Sichtbarkeit unserer Gesellschaft. Übrigens organisiert die GDL am 28. April eine Session auf der Anuga FoodTec im Rahmen des begleitenden Vortragsprogramms auf der Hauptbühne in der Halle 8.

Können Sie uns ein paar Informationen zum Programm geben? Welches Thema greift die GDL in Köln auf?
Im Wesentlichen geht es um die Fortschritte in der Extrusionstechnologie – dies auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Verarbeitung pflanzlicher Proteine. Bei der von uns organsierten Session werden im Bereich der sogenannten High-Moisture-Extrusion sowohl der aktuelle Stand der Wissenschaft zum Verständnis der Vorgänge im Extruder erläutert als auch Anlagenbauer und Anwender aus der Industrie zu Wort kommen.

Was sind die Schritte nach der Anuga FoodTec?
Die nächsten Fachwebinare sind bereits in Planung. Sie finden am 19. Mai sowie 23. Juni statt. Im Mai greifen wir glutenfreie Backwaren auf und beleuchten anhand von drei Vorträgen die Aspekte der Technologie, der Zutaten sowie der Analytik. Im Juni geht es dann um Fragen zur Instandhaltung und Fernwartung von Maschinen und Anlagen, wobei naturgemäß die Digitalisierung in der Lebensmittelindustrie und die damit verbundenen Herausforderungen den Schwerpunkt bilden. Hinzu kommt am 11. Mai das erwähnte internationale "Rwandan German FoodTec Webinar", das in englischer Sprache stattfindet. Genauere Informationen zu den einzelnen Programmen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es auf unserer Website www.gdl-ev.org.

Planen Sie wieder Präsenzveranstaltungen in diesem Jahr? Wenn ja, mit welchen Schwerpunkten?
Die erste, und hoffentlich nicht letzte, Präsenzveranstaltung für dieses Jahr soll vom 15. bis 16. September in Bremerhaven stattfinden. Diese Tagung wird sich dann ganz dem Thema Zukunft der Herstellung von Lebensmitteln unter verschiedenen Aspekten widmen. Dazu sind die Vorbereitungen aber noch im vollen Gange, so dass ich an dieser Stelle noch keine Details nennen kann. Es wird auf jeden Fall spannend und wir werden das Programm rechtzeitig bekanntgeben.


Das Gespräch führte LT-Chefredakteur Thomas Wiese

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