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Die tiefgefrorenen Rohwaren werden ohne Auftauen dem VeggieWonder zugeführt und in mehreren Prozessschritten kontinuierlich zu einem feinen Püree aufbereitet.
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Die Beschickung der Anlage erfolgt mit tiefgefrorenen Rohwaren direkt aus dem Kühlhaus.
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Keine Qualitätsverluste: Die Temperatur der hergestellten Pürees liegt kontinuierlich im Bereich des Gefrierpunkts.
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Die kalt vermahlenen Fruchtzubereitungen eignen sich unter anderem für Milchprodukte und Smoothies.
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Rolf Mielke ist seit über 14 Jahren tätig für die Maschinenbau Kaltenbach GmbH und verantwortet die Verkaufsaktivitäten des Geschäftsbereichs ka-process.

BEST PRACTICE FÜR FEINSTES PÜREE

Anlagen für die Lebensmittelindustrie zu bauen, erfordert Knowhow und Erfahrung auf den unterschiedlichsten Gebieten. Über beides verfügt die Maschinenbau Kaltenbach GmbH, die am Standort in Neuenburg-Zienken Sondermaschinen fertigt. Zu den jüngsten Innovationen des Unternehmens zählt VeggieWonder – eine Anlage, die „basierend auf dem Prinzip der Kaltvermahlung die Herstellung von Frucht- und Gemüsezubereitungen revolutioniert“, wie Rolf Mielke, Leiter für Vertrieb und Service des verantwortlichen Geschäftsbereichs ka-process, im Gespräch mit LEBENSMITTELTECHNIK betont.

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Gesundheit und Wellness sind ein Trend, der seit mehreren Jahren den weltweiten Wandel bei Lebensmitteln und Getränken vorantreibt. Wie nehmen Sie als Maschinen- und Anlagenbauer die Entwicklung an den Märkten wahr?
Die Erwartungen an hochwertige, industriell hergestellte Lebensmittel haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Food-Trends wie "plant based" und "clean label" sind inzwischen allgegenwärtig in den Regalen der Supermärkte. Verbraucher wünschen sich Produkte mit authentischem Geschmack, die der Frischequalität der eingesetzten Rohstoffe gleichkommen. Lebensmittelproduzenten reagieren darauf mit der Entwicklung von immer raffinierteren Produkten, was sich nicht zuletzt in vielen Gemüse- und Fruchtzubereitungen widerspiegelt, wie sie in Snacks, Eiscreme, Joghurts, Smoothies oder Backwaren zu finden sind ...

Auf der anderen Seite stößt der rasante Aufstieg des pflanzlichen Sektors auf Hindernisse, die eine technologische Neuausrichtung auf die Erwartungen der Verbraucher nach qualitativ hochwertigen und geschmacklich ansprechenden Produkten erfordern ...
Eine Folge davon ist, dass sich die Hersteller hochwertiger Pürees und Fruchtzubereitungen einer starken Nachfrage nach Premiumprodukten gegenübersehen, die mehr Frucht, weniger Zucker und weniger Zusatzstoffe enthalten sollen. Und nach wie vor stehen auch Verbesserungen in Bezug auf Geschmack und Textur ganz oben auf der Agenda der Produktentwickler.

„Die Verbrauchererwartungen an industriell hergestellte Lebensmittel haben stark zugenommen.“


Gleichzeitig suchen die Produktentwickler nach Lösungen, die eine schonende Bearbeitung der Rohstoffe ermöglichen ...
... und dass, ohne deren Qualität und Haltbarkeit zu beeinträchtigen. Etablierte Verfahren für Frucht- und Gemüsezubereitungen stoßen hier naturgemäß an Grenzen. Bei VeggieWonder handelt es sich demgegenüber um eine effiziente Anlage, die es Lebensmittelherstellern erlaubt, mittels Kaltvermahlung ein breites Spektrum innovativer Produkte aus tiefgekühlten Rohwaren herzustellen. Hinzu kommt die Flexibilität, die VeggieWonder in der Produktionsplanung bietet. Durch das Entfallen des Auftauens kann schnell auf Kundenaufträge reagiert werden.

Das schnelle Einfrieren der Rohwaren sofort nach der Ernte und die Lagerung bei minus 18 Grad Celsius bietet zunächst einmal eine optimale Grundlage für qualitativ hochwertige Frucht- und Gemüsezubereitungen ...
... wobei die Weiterverarbeitung der gefrorenen Rohwaren zu Halbfertig- oder Fertigprodukten der eigentliche Stolperstein ist. Genauer gesagt: Die Weiterverarbeitung, ohne die Kühlkette zu unterbrechen – denn die gängigen Prozesse zur Herstellung von Pürees basieren auf dem Auftauen der Waren, um sie im Anschluss daran feinst zu zerkleinern. Doch das Auftauen ist ein langwieriger Prozess, der einerseits zu einem Qualitätsverlust bei Aromen und Farben führen kann und anderseits, speziell bei Gemüsen, auch ein starkes Vermehren der Keime zur Folge hat.

Mit VeggieWonder schließen Sie also nicht nur eine Lücke in der Prozesskette, Sie sorgen gleichzeitig auch für mehr Sicherheit?
Ja, denn je höher die Auftautemperaturen sind, umso größer ist die Gefahr des mikrobiellen Wachstums. Verbunden damit sind auch zum Teil deutlich verminderte Haltbarkeiten bei den aus den aufgetauten Früchten hergestellten Endprodukten. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer mikrobiellen Kontamination während des gesamten Auftauvorganges. Entsprechende Verfahren setzen demzufolge sehr hohe Anforderungen an die Hygiene voraus. Unsere Anlage ermöglicht eine sichere Produktion mit außergewöhnlicher Qualität und Effizienz. Ein Wachstum der im hergestellten Püree vorhandenen Keime ist quasi ausgeschlossen.

„Etablierte Verfahren für Frucht- und Gemüsezubereitungen stoßen naturgemäß an Grenzen.“


Durch mehr Innovation im Bereich Geschmack und Zutaten steigen die Anforderungen an die Produktion. Welchen Einfluss nimmt das Verfahren auf den Nährwert?
Im Vergleich zu den bestehenden Technologien übt die Kaltvermahlung einen positiven Einfluss auf den Erhalt der Rohstoffqualität aus. Ohne Unterbrechung der individuellen Kühlkette bleiben während der schonenden Kaltvermahlung sowohl die Nährwerte als auch die Farbe der eingesetzten Rohstoffe erhalten – und das bei maximalem Geschmack.

Sie bezeichnen VeggieWonder als „Revolution für die Gemüse- und Fruchtpüreeherstellung.“ Was unterscheidet die Kaltvermahlung von anderen Technologien?
VeggieWonder ist eine Best-Practice-Lösung, um die Rohwaren im gefrorenen Zustand bis hin zu feinstem Püree in einem Arbeitsschritt zu verarbeiten. Unmittelbar aus dem Tiefkühlhaus kommend lassen sich die Produkte direkt auf der Maschine weiterverarbeiten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Produkttemperatur bleibt bei Bedarf konstant unter dem Gefrierpunkt, sodass die wertvollen Vitamine und Aromen während der Kaltvermahlung und darüber hinaus nahezu vollständig erhalten bleiben.

Welche Prozessschritte laufen im Detail in der Anlage ab?
Das zuvor entpackte Produkt wird über einen Arbeitstisch in die Edelstahlwanne der Maschine geschüttet. In einem ersten Schritt wird das Produkt über eine mechanische und thermische Bearbeitung dafür vorbereitet. Das bedeutet im Detail, dass wir das Produkt in einem speziellen Verfahren verdichten und für eine pumpfähige Konsistenz sorgen – wobei die Temperatur weiterhin deutlich unter dem Gefrierpunkt liegt. Über einen schonenden Pumpvorgang wird das Produkt dann der Mühle zugeführt, wo die eigentliche Kaltvermahlung stattfindet. Eine Vielzahl an Einstellmöglichkeiten sowohl an der Maschine selbst als auch an den verschiedenen Zerkleinerungswerkzeugen ermöglicht es, die gewünschte Feinheit und Ausgangstemperatur zu erzielen.

„VeggieWonder ist eine Lösung, um gefrorene Rohwaren effizient in einem Arbeitsschritt zu verarbeiten.“


Welche Temperaturen liegen am Produkteingang beziehungsweise Produktausgang an?
Am Produkteingang haben wir Bedingungen, wie sie im Kühlhaus herrschen – also in der Regel Temperaturen um minus 18 Grad Celsius bis minus 20 Grad Celsius. Prinzipiell ist Veggie- Wonder in der Lage, auch am Produktausgang unterhalb des Gefrierpunkts zu bleiben. In der Praxis erweisen sich Temperaturen zwischen 0,5 Grad Celsius und zwei Grad Celsius, also knapp oberhalb davon, als optimal für die nachfolgenden Prozesse.

Wirkt sich die Kaltvermahlung auf die Viskosität der Produkte aus?
Die Kaltvermahlung als solche hat keinen Einfluss. Die Viskosität der Pürees hängt maßgeblich vom Anteil der enthaltenen Feststoffe in den Produkten ab. Auch die in einigen Produkten vorhandenen Stärken üben keinen nennenswerten Einfluss auf die Viskosität aus, da wir im Prozess immer unterhalb der Reaktionstemperatur der Stärken bleiben. Ein wesentlicher Vorteil der Kaltvermahlung besteht jedoch darin, dass sich dank der auftretenden Scherkräfte sehr homogene Pürees herstellen lassen – und das mit einer Partikelfeinheit bis 30 Mikrometer.

Bis zu welcher Größe lassen sich die Rohwaren verarbeiten? Gibt es Limitierungen?
In der Regel handelt es sich bei den gefrorenen Früchten und Gemüsen um Schüttgüter, die in Kartons mit einem Fassungsvermögen von bis 20 Kilogramm angeliefert werden. Da diese verklumpen können, erlaubt das Schüttgitter in der Standardausführung eine manuelle Zufuhr von Rohwaren mit den Maßen von maximal 120 Millimeter x 120 Millimeter. Bei maschineller Befüllung der Maschine kommen Brecher und Förderbänder zum Einsatz, die hinsichtlich der Stückgr..e weitere Möglichkeiten bieten.

Handelt es sich um ein Stand-Alone-System oder lässt sich die Anlage auch innerhalb einer Produktionslinie einsetzen, um die Pürees direkt weiterzuverarbeiten?
Die direkte und unverzügliche Weiterverarbeitung der Pürees ist ein zentraler Aspekt des innovativen VeggieWonder-Konzepts. Nur so ist es möglich, hochwertige Produkte anbieten zu können. Die Pürees können unverzüglich nach der Kaltvermahlung entweder völlig unbehandelt mittels IQF-Verfahren schockgefrostet oder aber mittels Hochdruck pasteurisiert werden. Ebenso sind thermische Verfahren zur Haltbarmachung möglich. Insofern ist VeggieWonder zwar eine Stand-Alone-Lösung, da es mehrere Prozessschritte in einer Maschine abbildet, jedoch auch Bestandteil einer nachfolgenden Linie.

Sie bieten die Anlagen in zwei Varianten an. Worin unterscheiden sich Typ 4 und Typ 5 und gibt es Einsatzbereiche, für die sich der jeweilige Typ besonders eignet?
Die beiden Maschinentypen unterscheiden sich lediglich in der Produktionsleistung. Während die Anlage vom Typ K-MT 4 FP bis zu 1.000 Kilogramm Rohwaren pro Stunde verarbeiten kann, sind es bei der K-MT 5 FP bis zu 2.500 Kilogramm pro Stunde. Beide Größen stehen gleichermaßen für alle möglichen Anwendungsszenarien zur Verfügung.

Energieeinsparung ist ein weiteres wichtiges Thema in der Lebensmittelverarbeitung. Bietet das Verfahren hier Vorteile?
Gegenüber traditionellen Prozessen, in denen beispielsweise Kutter zum Einsatz kommen, profitieren Kunden auch unter diesem Gesichtspunkt vom VeggieWonder. Zum einen ist das Auftauen der Rohware weniger effizient als die Kaltvermahlung, da ein Großteil der Energie ungenutzt verloren geht. Denn in den Auftauräumen wirkt die Wärme weder unmittelbar noch kontrolliert gleichmäßig auf das Produkt, wie es bei VeggieWonder der Fall ist. Und gegenüber dem Schneiden der aufgetauten Waren in einem Kutter besteht ein weiterer Vorteil darin, dass der Wärmeeintrag nicht durch die Zugabe von Stickstoff ausgeglichen werden muss – was zu einer deutlichen Einsparung an teurer Kälteenergie führt.

„Die Kaltvermahlung erschließt dem Anwender ein breites Spektrum hochwertiger Lebensmittel.“


Eignet sich die Anlage beispielsweise auch für den Einsatz in der Süßwarenindustrie und für Fertiggerichte?
Neben der klassischen Verwendung für Fruchtzubereitungen in Joghurts oder Milchshakes gibt es eine Vielzahl weiterer Applikationen. So lässt sich VeggieWonder optimal zur Herstellung von Fertiggerichten einsetzen. Ich denke hier zum Beispiel an Rahmspinat, Selleriemouse oder Suppen und Saucen. Mit unseren Anlagen gelingen auch Kräuterextrakte in tiefgekühlter, flüssiger oder getrockneter Form oder Dips und Brotaufstriche. Und natürlich sind Füllungen für Sü.waren, Backwaren und herzhafte Snacks möglich.

Lässt sich das Verfahren auch für die Fleisch- und Fischverarbeitung einsetzen?
Möglich sind Pasten und Brotaufstriche aus Fisch- und Shrimps. Auch Fischreste, wie sie beim Filetieren anfallen, wurden auf der VeggieWonder bereits versuchsweise und erfolgreich zu einer feinen Fischpaste vermahlen.

Womit Sie einen wichtigen Aspekt ansprechen: die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Spielte dies eine wichtige Rolle im Rahmen der Entwicklung der Anlage?
Ja, mit unserer Anlage lassen sich problemlos optisch "minderwertige" Produkte zu erstklassigen Pürees verarbeiten – daher auch der Name VeggieWonder. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Wenn eine Karotte zu krumm ist, um im Gemüseregal verkauft werden zu können, so verfügt sie natürlich über die gleichen Inhaltsstoffe wie eine optisch perfekte Karotte. Mittels VeggieWonder kalt vermahlen gibt es keine Unterschiede in der Qualität. Selbst die Stängel von Blumenkohl, Brokkoli, Petersilie oder Basilikum können vermalen werden, um einen extrem hohen Nutzungsgrad der Rohwaren zu erreichen. So werden aus potenziellen Lebensmittelabfällen neue Produkte.

Wie unterstützen Sie Produktentwickler und Lebensmittelproduzenten, die sich für die Kaltvermahlung entscheiden?
Der Kaltvermahlungsprozess ist ein innovativer Prozess, den wir der Lebensmittelindustrie zur Verfügung stellen. Er bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten für zukunftsorientierte und neue Produkte. Insofern haben Sie treffend in Ihrer Frage vorweggenommen, dass wir eng mit den Produktentwicklern in den Unternehmen zusammenarbeiten. Wir haben eine breite Palette an Möglichkeiten der Unterstützung, um den Kunden die Maschine und dieses neue Verfahren vorzustellen.

Wird die Machbarkeit anhand der Rohwaren individuell überprüft? Gibt es Dienstleistungen im Engineering, die Sie bei der Implementierung anbieten?
Im ersten Schritt geht es vor allem darum, den Kunden aufzuzeigen, welches Potenzial Veggie- Wonder der Produktentwicklung erschließt und welche Gemüse- und Fruchtzubereitungen sich herstellen lassen. Hierzu bieten wir entsprechende Präsentationen und Videos. Erste Vorversuche zur Prüfung der Machbarkeit lassen sich direkt bei uns im Werk durchführen. Darüber hinaus können wir Kunden eine Maschine zur Verfügung stellen, damit diese umfangreiche Versuche durchführen können. Und nicht zuletzt besteht die Möglichkeit, VeggieWonder vor Ort bei einem Referenzkunden in Aktion zu sehen und größere Mengen an Produktmustern herstellen zu lassen.


Das Gespräch führte Mareike Bähnisch, freie Fachjournalistin für Prozesstechnik


Diesen Artikel finden Sie in LT 1-2/2023 auf den Seiten 28 bis 31.

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