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Reismehl ist eine Zutat für glutenfreie Alternativen, die Produkten mit Weizenmehl in nichts nachstehen.
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„Wir bei Müller’s Mühle haben uns auf den Wachstumsbereich Reismehle fokussiert und wollen der Lebensmittelindustrie mit unseren Lösungen mehr Spielraum für innovative Produkte erschließen“, so Jürgen Berning, Key Account Manager bei Müller’s Mühle.
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Zur Erntezeit kann eine Reispflanze bis zu 300 Reiskörner enthalten.

DIE CLEAN LABEL ALTERNATIVE

Müller’s Mühle ist weltweit führend in der Verarbeitung verschiedener Reissorten zu funktionellen Zutaten. Die vielseitigen Ingredients können in den unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt werden. Im Gespräch mit LEBENSMITTELTECHNIK erläutert Key Account Manager Jürgen Berning, welche ernährungsphysiologischen und technologischen Vorteile dabei zum Tragen kommen und welche Synergien sich im Einsatz mit Hülsenfruchtmehlen ergeben.

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Herr Berning, welche Arten von Reis-Ingredients bietet Müller’s Mühle für die Lebensmittelindustrie an?
Jürgen Berning: Müller‘s Mühle besitzt am Standort Gelsenkirchen eine der modernsten Reismühlen Europas. Wir zählen zu den führenden B2B-Herstellern von Reismehl und bieten ein umfangreiches Sortiment an vielseitigen Mehltypen. Sie kommen in den unterschiedlichsten Anwendungen zum Einsatz, etwa in Backwaren, Molkereiprodukten oder Sü.waren. Und wir verwenden ausschließlich Reis, der zu 100 Prozent frei von genveränderten Organismen ist und hohe Qualitätsanforderungen erfüllt.

Um welche Reis-Varianten handelt es sich?
Je nach Größe und der Wasseraufnahme kann man Reis grundsätzlich in zwei Gruppen unterscheiden – in weichkochenden Rundkornreis (Oryza sativa ssp. japonica), der auch unter dem Namen Milchreis bekannt ist, und in festkochenden Langkornreis (Oryza sativa ssp. indica). Zur Indica-Gruppe zählen beispielsweise Basmatireis, Jasminreis und der normale Langkornreis. Eine weitere Sorte ist der Mittelkornreis. Hierzu gehört Risottoreis, auch als Aborioreis bekannt.

... und welchen Reis verwenden Sie für die Mehle?
Bei Müller’s Mühle verarbeiten wir ausschließlich sortenreinen Indicareis, also geschliffenen und polierten Langkornreis. Nur damit lassen sich Mehle in gleichbleibender Qualität herstellen, wie sie von der Lebensmittelindustrie gefordert werden. Wie werden die Reismehle veredelt? Welche Besonderheiten zeichnet die Vermahlung aus? Wir verarbeiten nur Parboiled Reis und Weißreis, der per Schiff direkt zu unseren Silos in Gelsenkirchen geliefert wird. Das Reismehl selbst wird aus sorgfältig gereinigtem und geschliffenem Bruchreis hergestellt. Der Prozess im Werk umfasst die Stufen Polieren, Schleifen, Sortieren, Mahlen und Absacken. Vor dem Schleifen wird zunächst die Kleie entfernt. Dann werden die Reiskörner schonend gegeneinander gerieben, um den Reis zu polieren. Anschließend sortiert ein Trieur die gebrochenen Reiskörner aus.

Sie verarbeiten also ausschließlich sortenreinen Reis?
Ja, um dabei eine konstant hohe Qualität zu gewährleisten, wird der Bruchreis vor dem Vermahlen fotoelektrisch untersucht. Mit Hilfe einer Sortex-Anlage werden so alle Reisstücke aussortiert, die nicht unseren Standards entsprechen. Dazu gehört beispielsweise Peck. Darunter werden solche Körner verstanden, deren Oberfläche infolge des Parboiled-Verfahrens eine braune bis schwarze Verfärbung aufweisen. Im letzten Verarbeitungsschritt wird der Bruchreis dann auf modernen Walzenstühlen zu Mehl vermahlen.

Warum setzen Sie nur Langkornreis für die Vermahlung ein?
Bei den einzelnen Reissorten gibt es große Unterschiede hinsichtlich Geruch, Viskosität und der Verkleisterungstemperatur. Beispielsweise kommen Basmatireis und Jasminreis für die Reismehlherstellung nicht in Frage, da sie über ihren charakteristischen Eigenduft verfügen. Ebenso werden die Japonica-Sorten nicht für Reismehl verwendet, denn sie quellen stark nach und nehmen unkontrolliert Wasser auf. Verantwortlich dafür ist der hohe Gehalt an Amylopektin, der bei vielen Anwendungen zu Problemen führt.

Welche Reismehle bieten Sie den Kunden in der Lebensmittelindustrie an?
Aktuell stellt Müller’s Mühle drei verschiedene Mehle her. Unser Standardreismehl läuft unter der Produktbezeichnung RM 110. Dieses native Mehl besteht aus vermahlenem Langkornreis. Wir bieten es in 25-Kilogramm-Papiersäcken an, in BigBags und lose als Siloware. Das Reismehl hat eine Feuchtigkeit von maximal 14 Prozent und eine maximale Keimbelastung von 50.000 koloniebildenden Einheiten (kbE) pro Gramm. Da es sich hier um ein Naturprodukt handelt, können die kbE-Werte in Ausnahmefällen auch höher ausfallen.

Welche Option steht Kunden zur Verfügung, die ein Reismehl mit einem geringeren Feuchtegehalt und einem sicher eingestellten Keimgehalt benötigen?
In diesen Fällen kommt unser eigens entwickeltes Reismehl KM 410 in Frage. Es ist hitzebehandelt und zeichnet sich durch eine Endfeuchte unterhalb zehn Prozent aus, der Keimgehalt liegt bei unter 10.000 kbE pro Gramm. Beide Reismehle bedürfen als natürliche Zutaten keiner Deklaration als Zusatzstoff und eignen sich für Clean Label-Rezepturen. Sie bieten nicht nur ernährungsphysiologische Vorteile, sondern haben auch ausgezeichnete technologische Eigenschaften. So weisen sie bei Erhitzung ein gutes Wasser- und Fettbindevermögen auf und lassen sich als Binde- und Verdickungsmittel in unterschiedlichsten Anwendungen in der Lebensmittelindustrie einsetzen ...

Die vielseitigen Inhaltsstoffe und Funktionalitäten spielen auch in einer Vielzahl von Anwendungen im Bereich Tiernahrung eine Rolle ...
Für diesen Bereich bieten wir als drittes Produkt eine Reiskleie an. Dabei handelt es sich um ein Mehl, das sich aus der abgeschliffenen Silberhaut und dem Keimling des Reiskornes zusammensetzt. Es zeichnet sich durch eine sehr hohe Nährstoffdichte aus und wird hauptsächlich in der Petfood-Industrie verwendet. Dank seiner hervorragenden Bindeeigenschaften eignet es sie sich zur Optimierung verschiedenster Futterarten von Extrudaten über halbfeuchtes und feuchtes bis hin zu Nassfutter für Haus- und Nutztiere.

Kommen wir auf die Produkte in der Lebensmittelindustrie zu sprechen. Welches sind hier typische Einsatzszenarien?
Unsere Reismehle kommen in zahlreichen Lebensmittelanwendungen zum Einsatz, denn sie zeichnen sich durch reinen und natürlichen Geschmack aus. Insbesondere in Kombination mit unseren neu entwickelten Hülsenfruchtmehlen lassen sich spannende Produkte kreieren, vor allem wenn es um glutenfreie Pasta, Snacks und Backwaren geht. Die Hülsenfruchtmehle erweitern so die Innovationskraft unserer Kunden, die mit Plantbased Food auf den Märkten aktiv sind. Eine weitere Option sind Eiweiß- und Energieriegel, in denen Reismehle als pflanzliche Proteinquelle dienen. Und last but not least eignen sich die Reismehle auch für Extrudate, wie sie in diversen Müsli- Mischungen verwendet werden.

Womit Sie ein wichtiges Stichwort liefern. Viele Konsumenten verzichten aus gesundheitlichen Gründen oder aus Überzeugung auf Gluten ...
Die zentralen Merkmale sind hier natürlich das Fehlen von Gluten und der hohe Stärkeanteil der Reismehle von über 78 Prozent. Bedingt dadurch kann in der Rezeptur auf die Zugabe weiterer Stärke verzichtet werden. Viele unserer Kunden haben entsprechende glutenfreie und leicht verdauliche Back- und Teigwaren aus Reismehl entwickelt. Aufgrund seiner ernährungsphysiologischen Vorteile spielt es aber auch bei der Herstellung von Babynahrung eine große Rolle, denn es ist hypoallergen und verfügt über ein ausgezeichnetes Aminosäureprofil.

Alternative Inhaltsstoffe in der Rezeptur müssen auch technologisch geeignet sein ... 
Für die Lebensmittelhersteller birgt das durchaus Herausforderungen, denn alternative Zutaten wirken sich meist anders auf das Herstellverfahren, die Stabilität oder andere Eigenschaften aus. Auch hier lassen sich diverse Vorteile unserer Reismehle aufführen. So weisen sie bei Erhitzung in Flüssigkeiten ein sehr gutes Wasser- und Fettbindevermögen auf und eignen sich als Binde- und Verdickungsmittel in unterschiedlichsten Anwendungen.

Wie wirkt sich das im Lebensmittel aus?
Auf der funktionellen Seite sorgen die Reismehle für eine bessere Cremigkeit in fettreduzierten Molkereiprodukten, um ein Beispiel zu geben. Und sie machen glutenfreies Gebäck knuspriger. Eingesetzt werden kann das Reismehl aber auch ganz klassisch als Rieselhilfsmittel beziehungsweise Trennmittel ohne E-Nummern-Kennzeichnung.

Von der Idee zum Produkt: Wie unterstützen Sie die Anwender in der Lebensmittelindustrie bei der Produktentwicklung?
Für innovative Produkte, die in Zusammenhang mit unseren Reis- und Hülsenfruchtmehlen stehen, verfügen wir bei GoodMills Innovation in Hamburg über ein modern ausgestattetes Technikum. Hier wird schwerpunktmäßig an der Entwicklung von Snacks, Backwaren und Fleischersatzprodukten gearbeitet. Vor Ort beraten wir Produktentwickler und Lebensmittelproduzenten bei der Reformulierung der Rezepturen und natürlich auch bei der Entwicklung neuer Clean Label- Produkte – bis hin zur Umsetzung im Produktionsmaßstab.

Sie haben es bereits angesprochen: Neben dem Reismehl bietet Müller’s Mühle Hülsenfruchtmehle an, die das umfangreiche Getreide-Portfolio von GoodMills Innovation ergänzen ...
Wir verfügen über eine große Palette an geschmacksoptimierten und proteinreichen beziehungsweise proteinkonzentrierten Hülsenfruchtmehlen. Unsere drei Produktreihen finden in der Lebensmittelindustrie vielfach Einsatz. Beispielsweise als Bestandteil für Fleischersatzprodukte sowie in der Molkerei- und Backindustrie.

Seit Oktober sind die vertriebs- und anwendungstechnischen Aktivitäten für die Hülsenfruchtmehle von Müller’s Mühle Business Solution bei GoodMills Innovation angesiedelt. Was hat sich konkret geändert?
Beide Unternehmen befinden sich seit längerem unter demselben Konzerndach. Mit der Zusammenführung und der Implementierung des B2B-Vertriebsbereichs "Pflanzliche Proteine" nutzen wir die vorhandenen Synergien und bündeln unsere Kompetenzen im europäischen Vertrieb, in der Anwendungstechnik sowie der Produktentwicklung.

Wie stellt sich die neue Aufgabenverteilung in der Gruppe dar?
GoodMills Innovation steht nun ab sofort als neuer Ansprechpartner für alle Belange rund um die B2B-Ingredient-Aktivitäten der Gruppe zur Verfügung. Bei Müller’s Mühle konzentrieren wir uns parallel dazu auf das Sourcing, das heißt auf die Bereiche Fertigung, Rohstoffversorgung und Qualitätsmanagement.


Diesen Artikel finden Sie in LT 12/2022 auf den Seiten 12 bis 15.

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