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Beim DIL Technology Day 2024 haben sich über 200 Vertreter aus der Lebensmittelindustrie über zukunftsweisende Ideen ausgetauscht. Jetzt folgt mit dem Insects Plus 2025 International Congress eine weitere Plattform für die Branche.
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Mitte Mai nimmt Dr. Volker Heinz, Geschäftsführer und Vorstand des DIL, die Teilnehmenden des Insects Plus 2025 International Congress mit in die Welt der Insekten als Proteinalternative und gibt Einblicke in die zirkuläre Bioökonomie.

DIE ZUKUNFT DER NAHRUNG

Vom 12. bis 14. Mai dreht sich in Cloppenburg alles um insektenbasierte Lebensmittel und alternative Proteine: Der Insects Plus International Congress 2025 bringt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen. Organisiert wird die Veranstaltung von der DIL Technologie GmbH in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB). DIL-Geschäftsführer Dr. Volker Heinz gibt einen Ausblick auf die Inhalte.

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Herr Dr. Heinz, im Juni vergangenen Jahres fand der zweite Technology Day am DIL in Quakenbrück statt. Wie fällt Ihre Bilanz zur Veranstaltung aus?
Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Mit über 200 Expertinnen und Experten sowie Branchenvertreterinnen und -vertretern aus der internationalen Lebensmittelindustrie bot der Technology Day eine zentrale Plattform für den Austausch über zukunftsweisende Technologien. Besonders hervorzuheben war die Kombination aus Fachvorträgen, interaktiven Präsentationen und der Möglichkeit, die Innovationen hautnah vor Ort in unserem Institut zu erleben.

Auf großes Interesse stießen die Keynotes und Themen-Sessions, die sich unter anderem mit Lebensmittel- und Biotechnologie, Nachhaltigkeit und sicheren Zutaten befassten ...
Das hat uns gezeigt, wie relevant diese Themen für die Branche sind. Auch der direkte Austausch zwischen Forschung und Praxis wurde sehr positiv aufgenommen. Die Präsentationen von Startups, die an innovativen Lösungen für die Lebensmittelproduktion arbeiten, sowie die Einblicke in industrielle Produktionsprozesse haben deutlich gemacht, welches Potenzial in den neuen Technologien steckt. Aufgrund all dieser positiven Resonanz hat das zuständige Team am DIL bereits mit der Planung des dritten DIL Technology Day begonnen. Dieser findet am 9. und 10. Juni 2026 statt und soll erneut spannende Impulse für die Zukunft der Lebensmitteltechnologie setzen.

In diesem Jahr folgt nun erstmals der Insects Plus International Congress, der ebenfalls vom DIL organisiert wird ...
Der Kongress ist für uns ein logischer nächster Schritt, denn wir beschäftigen uns seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema Biomassenkonversion. Bereits seit 2018 betreibt das DIL eine eigene Insektenfarm, in der Larven der Schwarzen Soldatenfliege aufgezogen werden. Gleichzeitig wächst das Interesse an alternativen Proteinen stetig – sei es aus Insekten, Mikroorganismen, Algen oder anderen innovativen Quellen.

Was hat Sie darüber hinaus zu diesem neuen Veranstaltungsformat bewogen?
Da uns der interdisziplinäre Austausch in diesem Bereich besonders am Herzen liegt, haben wir beschlossen, den Insects Plus International Congress gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) zu organisieren. Wir arbeiten hier seit vielen Jahren eng mit der Arbeitsgruppe von Dr.-Ing. habil. Oliver Schlüter zusammen und schätzen den wertvollen wissenschaftlichen Input am ATB. Gemeinsames Ziel ist es, eine Plattform für Wissenschaft, Industrie und Praxis zu schaffen, auf der neueste Erkenntnisse zur nachhaltigen Nutzung biobasierter Ressourcen vorgestellt und diskutiert werden. Der Kongress soll den Austausch zwischen Akteuren entlang der gesamten Wertschöpfungskette fördern und Innovationen in diesem Bereich vorantreiben.

Seit 2021 sind Insekten in der EU als Lebensmittel zugelassen. Sind Insekten "das" Nahrungsmittel der Zukunft?
Ja, ganz eindeutig. Insekten gelten aufgrund ihres hohen Nährwerts, ihrer Nachhaltigkeit und ihres geringen Umwelteinflusses als Nahrungsmittel der Zukunft. Die Zulassung durch die EU ermöglicht die Entwicklung von insektenbasierten Produkten wie Proteinriegeln, Pasta, Snacks, Fleischalternativen, die Erweiterung nachhaltiger Futtermitteloptionen und die Förderung von Innovationen auf den Märkten für herkömmliche Lebensmittel. Sie öffnet auch Türen für Exporte und trägt zur Normalisierung des Verzehrs von Insekten bei, was ein belastbareres Ernährungssystem unterstützt.

Bislang bleiben Verbraucherinnen und Verbraucher mit Blick auf Insekten als Lebensmittel eher skeptisch ...
Die Marktakzeptanz von Insekten in Europa wächst, steht aber immer noch vor Hindernissen aufgrund des Ekelfaktors. Eine breite Normalisierung wird wahrscheinlich Zeit in Anspruch nehmen, angetrieben durch klare Kennzeichnung, kreative Produktinnovationen, wie etwa Proteinriegel oder Pasta, und starke Aufklärungskampagnen über ihre gesundheitlichen und nachhaltigen Vorteile. Damit Insekten häufiger auf den Tellern landen, benötigen wir aber auch erschwingliche Preise, ansprechendes Produktdesign und die Unterstützung von der Lebensmittelindustrie sowie Influencern, um die Wahrnehmung der Verbraucher zu ändern.

Was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses?
Wir wollen eine dynamische Plattform schaffen, um die Kluft zwischen Forschung und Industrie im Bereich der alternativen Proteine zu überbrücken. Die Veranstaltung bringt globale Produzenten, innovative Start-ups, Investoren und Anbieter fortschrittlicher Technologien zusammen, neben weltweit führenden Wissenschaftlern, um die Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern.

„Wir beschäftigen uns seit vielen Jahren intensiv mit der Biomassenkonversion.“
 

Welche inhaltlichen Akzente werden in den einzelnen Sessions gesetzt?
Auf der Agenda in Cloppenburg stehen eine Vielzahl aktueller Themen, darunter Anbau und Verarbeitung von Insekten-, Pflanzen-, Labor-, einzelligen und marinen Proteinen, Sicherheits- und Nachhaltigkeitspraktiken sowie bahnbrechende Forschung, die die Branche vorantreibt. Die Referenteninnen und Referenten werden auch die Investitionsmöglichkeiten und technologischen Fortschritte in der Biomasseverarbeitung sowie die Strategien zur Skalierung der Produktion alternativer Proteine beleuchten. Dieser ganzheitliche Ansatz bietet Einblicke sowohl in akademische als auch industrielle Aspekte alternativer Proteine, die zu Innovationen und Partnerschaften inspirieren.

Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit der Insektenzucht? Kann die Nutzung landwirtschaftlicher Nebenprodukte sowie Nebenströme der Lebensmittelindustrie als Futtermittel für die Insektenzucht dazu beitragen, die Produktionskosten zu senken?
Ein besonderer Schwerpunkt liegt gegenwärtig auf der Entwicklung nachhaltiger, insektenbasierter Technologien für die zirkuläre Bioökonomie. Diese sieht die Insektenzucht als finanziell sinnvoll an, da sie wenig Ressourcen benötigt ...

... das heißt wir sprechen hier von minimalen Flächen-, Wasser- und Futterressourcen im Vergleich zur traditionellen Viehhaltung?
Ja, und gleichzeitig von einer kostengünstigen Proteinquelle für Tierfutter und den menschlichen Verzehr. Dies geschieht durch die Umwandlung landwirtschaftlicher Nebenprodukte und Lebensmittelabfallströme in wertvolles Protein. Die Verwendung von Abfallströmen als Insektenfutter hilft, die Produktionskosten zu senken, Abfallmengen zu reduzieren und gleichzeitig nachhaltige Praktiken zu unterstützen. Durch ein zirkuläres Konzept trägt das Insect Farming zur Reduzierung der Produktionskosten bei, stärkt die Ressourceneffizienz und fördert den Kreislauf der Nährstoffe.

Ein weiterer Aspekt des Insect Farmings ist, dass die Larven ganzjährig, klimaunabhängig und mit hoher Effizienz und Resilienz gezüchtet werden können ...
Die Larven über das ganze Jahr in jeder Umgebung kontinuierlich zu produzieren, ist ein wesentlicher Vorteil der Insektenzucht. Um ausreichende Mengen an Insekten herstellen zu können, ist eine weitgehende Automatisierung notwendig. Die Kontrolle von Umweltfaktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit, die präzise Handhabung der geschlüpften Larven und die Fütterung sind komplexe Aufgaben, die es bei der Zucht zu lösen gilt, beispielsweise unter Einsatz entsprechender KI- gestützter Tools.

Werden diese Technologien auch auf dem Kongress erläutert?
Auf dem Insects Plus 2025 International Congress werden all diese Technologien in tiefgehenden Explorationen behandelt, die sich mit Insekten-Bioconversion, mikrobiellen Dynamiken, genetischer Technik, Insektenernährung und Verarbeitungstechniken, Produktionssystemen, Automation und Kreislaufsystemen beschäftigen. Die Veranstaltung bietet Networking-Möglichkeiten zwischen Produzenten, Start-ups, Investoren und Forschern aus der ganzen Welt.

In welchen Bereichen engagiert sich das DIL aktuell schwerpunktmäßig im Rahmen seiner Forschungsaktivitäten rund um das Thema Insekten?
Das DIL konzentriert sich in seiner Forschung auf Schlüsselbereiche, die die Nachhaltigkeit und Effizienz erhöhen sowie Innovationen für die Produktion alternativer Proteine vorantreiben. Unsere Forschungsteams untersuchen die Bioconversion und mikrobielle Dynamiken, um zu verstehen, wie Mikroben das Wachstum der Insekten und die Effizienz der Biomassenumwandlung beeinflussen. Wir konzentrieren uns zudem auf genetische Techniken und Insektenernährung, um Insektenfuttermittelkomponenten zu entwickeln, die verschiedene kommerzielle Anwendungen unterstützen. Wir widmen uns aktiv der nachhaltigen Landwirtschaft mit innovativen Ansätzen auf der Basis von Insekten, die Abfallstoffe in proteinreiche Substanzen und Lipidprodukte durch zirkuläre landwirtschaftliche Methoden umwandeln. Hier haben wir uns ein prioritäres Forschungsziel gesetzt, das sich auf Insekten für die Nutzung in der Tierhaltung konzentriert.

Neben Insekten gibt es weitere Alternativen, die eine ressourcenschonende Proteinproduktion ermöglichen. Sind dies Themen, die auch auf der Agenda stehen?
Der Insects Plus 2025 International Congress erweitert seinen Fokus über insektenbasierte Proteine hinaus und umfasst Alternativen wie kultiviertes Fleisch, algenbasierte Lebensmittel und Hülsenfrüchte. Die Agenda der Veranstaltung führt durch die gesamte Wertschöpfungskette pflanzenbasierter, laborgezüchteter, einzelliger und mariner Biomassen, die für Lebensmittel, Futtermittel und andere Anwendungen genutzt werden. Durch diesen breit gefächerten Ansatz erhalten die Teilnehmenden umfassende Einblicke in aktuelle Entwicklungen im Bereich alternativer Proteine und profitieren von einem interdisziplinären Austausch innerhalb des gesamten Innovationsökosystems.

„Die Akzeptanz von Insekten in Europa wächst, steht aber noch vor Hindernissen.“
 

Inwieweit spielen übergreifende Themen wie Nachhaltigkeit, digitale Transformation oder KI eine Rolle auf dem Insects Plus Congress?
Selbstverständlich setzen wir in Cloppenburg einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit, digitale Transformation und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um sowohl Forschung als auch industrielle Anwendungen im Bereich alternativer Proteine voranzutreiben. Durch die Integration nachhaltiger Prinzipien fördert der Kongress Innovationen in der Produktion von Proteinen aus Insekten, Pflanzen, Zellkulturen und marinen Mikroorganismen. Auch der Einsatz von KI in Kombination mit Analytik- und Machine-Learning-Tools trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung von Verarbeitungsmethoden und zur Effizienzsteigerung in der Insektenzucht bei. Zu den zentralen Themen zählen hier auch die Skalierbarkeit automatisierter Bioreaktoren, intelligente Überwachungssysteme und datengetriebene Entscheidungsprozesse.

Über 25 Unternehmen präsentierten im vergangenen Jahr auf dem Technology Day ihre Produkte und Dienstleistungen. Wird das Konzept der begleitenden Ausstellung in Cloppenburg fortgeführt?
Das Konzept der Kombination aus Konferenz und begleitender Ausstellung hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Unternehmen konnten ihre Produkte und Dienstleistungen einem fachkundigen Publikum präsentieren, wertvolle Kontakte knüpfen und neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen. Aufgrund des positiven Feedbacks wird dieses Konzept beim Insects Plus 2025 International Congress fortgeführt.

Wer zählt in diesem Jahr zu den Partnern?
Zu den Ausstellern zählen beispielsweise Better Insect Solutions, ein Spezialist für nachhaltige Insektenzucht, sowie Bühler und Andritz, zwei Unternehmen, die moderne Verarbeitungstechnologien für alternative Proteine entwickeln. Hinzu kommen FarmInsect, ein Unternehmen, das automatisierte Lösungen für die dezentrale Insektenzucht anbietet, sowie Elea, ein Anlagenbauer der seine PEF-Technologie in Cloppenburg vorstellt. Zudem ist Evonik mit fortschrittlichen Futtermittellösungen vertreten. Darüber hinaus präsentieren sich Unternehmen wie Marvitech, Beekenkamp Verpakkingen, Vogelsang und GEA Westfalia Separator mit innovativen Lösungen.

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