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Forschende entwickeln derzeit ein Verfahren zur Herstellung natürlicher Farbstoffe aus Basidiomyceten, das an Süßwaren getestet wird.

NATÜRLICHE FARBSTOFFE, AUS PILZEN GEWONNEN

Ob zum Erkennbarmachen des lebensmitteltypischen Geschmacks oder zum Ausgleich verarbeitungsbedingter Farbverluste: Zahlreiche Gründe sprechen für das Einfärben von Lebensmitteln. Doch Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen zunehmend synthetische Farbstoffe ab – sie bevorzugen Produkte mit natürlichen Farbstoffen, die jedoch häufig Nachteile wie eine schlechte Verfügbarkeit und eine geringere Farbstabilität haben. Ein Projekt der Uni Gießen will das ändern.

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Farbabweichungen sind eine der häufigsten Ursachen für die Ablehnung von Lebensmitteln – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen: Reklamationen und Rückrufaktionen des Handels können insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen existenzbedrohend sein. Der Bedarf an stabilen Farbstoffen ist daher enorm groß. Zugleich werden einige synthetische Farbstoffe – die in der Regel besonders stabil sind – aus toxikologischen Gründen bereits nicht mehr verwendet und der Verbraucherwunsch nach natürlichen Lebensmittelzutaten nimmt stetig zu.

Hier ist Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) gefragt. Im Rahmen eines Projekts des FEI wird derzeit ein biotechnologisches Verfahren zur Herstellung natürlicher Farbstoffe aus Basidiomyceten entwickelt. Die Expertise dafür hat ein Forschungsteam der Universität Gießen. In Vorarbeiten der Forschungsstelle wurden drei Basidiomyceten – Ständerpilze, zu denen auch die meisten Speisepilze gehören – identifiziert, die das Potenzial haben, rote und wasserlösliche Farbstoffe in Flüssigkulturen zu produzieren und die bislang nicht beschrieben worden sind.

Ziel ist es, diese neuartigen, natürlichen Farbstoffe zu kultivieren und zu charakterisieren, indem deren Struktur aufgeklärt und eine erste toxikologische Risikoabschätzung erarbeitet wird. Ebenso werden Stresstests mit verschiedenen chemischen und physikalischen Parametern durchgeführt, indem unter anderem die Farbstabilität bei veränderten pH-Werten und Salzkonzentrationen sowie erhöhten Temperaturen untersucht wird. Erste Ergebnisse sind bereits vielversprechend. Für den Einsatz der neuen Farbstoffe in Lebensmitteln werden als Modellsysteme ein vegetarisches Fleischersatzprodukt sowie eine Süßware verwendet.

Neue natürliche Farbstoffe aus Basidiomyceten bieten ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial – auch für Unternehmen, die Nischenprodukte anbieten und daher meist mittelständisch sind. Schätzungen zufolge wird der Umsatz für Lebensmittelfarben, der 2018 bei rund vier Milliarden US-Dollar lag, bis 2027 ein Volumen von über sieben Milliarden US-Dollar erreichen. Das enorme Wachstum wird vor allem dem Marktsegment der natürlichen Farbstoffe zugeordnet.

Mit den Forschungsergebnissen wird für Lebensmittel- und Getränkehersteller die Basis geschaffen, künftig eine neue Bandbreite an natürlichen Farbstoffen einsetzen zu können, die von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber synthetischen Farbstoffen bevorzugt werden. Auch im Non-Food- Bereich – bei kosmetischen und pharmazeutischen Produkten – können sich Hersteller dieser neuartigen Farbstoffe künftig neue Absatzmärkte erschließen.

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